Das Phänomen Flicker verstehen und bewerten
Ein Bericht der Regiolux
Über das Projekt
In der Allgemeinbeleuchtung beschreibt Flicker schnelle Fluktuationen der Lichtintensität einer Lichtquelle in Folge von zeitlichen Veränderungen des am Leuchtmittel anliegenden Stromsignals. Flicker ist grundsätzlich kein neues Phänomen. Die zu einem entscheidenden Teil durch die sinusförmige 50-Hz-Netzspannung ausgelösten Schwankungen existieren, seitdem Leuchten mit Wechselspannung betrieben werden. Während die trägen Temperaturveränderungen der Wolframfäden in Zeiten der Glühlampe zu einer Glättung des Lichtsignals führten und der Effekt dadurch minimiert wurde, reagieren die heute verwendeten LED-Chips extrem schnell auf Änderungen des Stromsignals.
Da die schnellen Schwankungen der Lichtintensität gesundheitliche sowie sicherheitstechnische Beeinträchtigungen zur Folge haben können, hat sich deren Vermeidung durch den Einsatz von hochwertigen LED-Treibern zu einem wichtigen Qualitätskriterium in der Leuchtenindustrie entwickelt.
Unter dem Begriff Temporal Light Artefacts (TLA) werden die für den Menschen wahrnehmbaren (visuellen) Effekte Flimmern und Stroboskopeffekte zusammengefasst, abhängig von der Frequenz der Fluktuationen (siehe Abbildung 1).
Flicker
Flimmern ist direkt sichtbar und kann sich dabei auf das generelle Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit der Betrachter auswirken, sowie eine Vielzahl an gesundheitlichen Problemen wie Migräne, Übelkeit oder erhöhte Herzfrequenz hervorrufen. Stroboskopeffekte stellen besonders bei der Interaktion zwischen Mensch und Maschine z.B. im Umgang mit rotierenden Maschinen ein hohes Sicherheitsrisiko dar. [1]
Um diese Effekte zu bewerten, werden verschiedene Messverfahren eingesetzt. Simple Bewertungsmethoden wie die Modulationstiefe (engl. modulation depth MD) und der Flicker-Index (FI), die weder Frequenz noch Wellenform des Signals betrachten, sollten aufgrund ihrer Limitierungen nur noch begleitend verwendet werden. [2]
Neuere, verbesserte Verfahren wie das PstLM- und das SVM-Messverfahren bieten präzisere Bewertungen von TLA. Short Term Light Modulation PstLM: Mittels eines schnellen Photodioden-Detektors wie dem Detektor VL-3702 von Gigahertz Optik GmbH in Kombination mit dem Verstärker PFL-200 [4] kann das Lichtsignal einer Leuchte mit einer Abtastfrequenz von bis zu 200 kHz aufgezeichnet, in ein elektrisches Signal umgewandelt und dann per Software ausgewertet werden.(vgl. Abbildung 2). [5]
Die Bemerkbarkeitsschwelle liegt bei PstLM ≥ 1, d.h. bei einem ermittelten Ergebnis von PstLM = 1 nehmen 50% der Beobachter ein Flimmern wahr.
Kurzzeit Lichtmodulation PstLM:
Mittels eines schnellen Photodioden-Detektors wie dem Detektor VL-3702 von Gigahertz Optik GmbH in Kombination mit dem Verstärker PFL-200 [4] kann das Lichtsignal einer Leuchte mit einer Abtastfrequenz von bis zu 200 kHz aufgezeichnet und in ein elektrisches Signal umgewandelt werden. Dieses wird normalisiert, um sicherzustellen, dass die Amplitude des Ausgangssignals unabhängig von der absoluten Lichtstärke ist sowie mittels eines Bandpassfilters vorbewertet. Anschließend wird das Signal über ein „Auge-Hirn“-Modell gefiltert und gewichtet, um die frequenzabhängige Flimmerempfindlichkeit der menschlichen Wahrnehmung zu simulieren. Über eine Untersuchung der Häufigkeitsverteilung kann dann der PstLM-Wert berechnet werden (vgl. Abbildung 2). [5] Die Bemerkbarkeitsschwelle liegt bei PstLM ≥ 1, d.h. bei einem ermittelten Ergebnis von PstLM = 1 nehmen 50% der Beobachter ein Flimmern wahr.
Stroboscopic Visibility Measure SVM:
Das Lichtsignal wird analog zum PstLM-Verfahren aufgezeichnet. Mittels Fourier-Transformation wird das Signal vom Zeitbereich in den Frequenzbereich umgewandelt. Anschließend können die Frequenzkomponenten nach DIN IEC/TR 63158 aufsummiert werden. Jede Komponente wird dabei über eine auf der menschlichen Wahrnehmung basierende Empfindlichkeitskurve gewichtet. [6] Die berechnete Summe stellt den SVM-Wert dar. In Abbildung 4 ist ein Vergleich zweier mit dem PFL-200 von Gigahertz Optik GmbH aufgezeichneter SVM-Messungen unterschiedlicher Leuchten dargestellt . Die gewichteten Spektren der Lichtsignale sind dabei in grau, die Bemerkbarkeitsschwelle SVM = 1 in gelb dargestellt.
Während die Fluktuationen des rechten Signals aufgrund des geringen ermittelten SVM-Werts von einem Beobachter mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht wahrgenommen werden, liegt der SVMWert des linken Signals deutlich über der Bemerkbarkeitsschwelle – ein Beobachter nimmt mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Flickern wahr. Aktuelle Grenzwerte für PstLM und SVM werden in IEEE 1789 und der Ecodesign-Verordnung (EU) 2019/2020 wie folgt vorgeschlagen [1] [7] [8]:
PstLM ≤ 1
SVM ≤ 0,4
Literaturverzeichnis
[1] „IEEE Recommended Practices for Modulating Current in High-Brightness LEDs for Mitigating Health Risks to Viewers,“ IEEE, 2015.
[2] ZVEI, „Temporal Light Artefacts - TLA; Flicker and Stroboscopic Effect,“ März 2017. [Zugriff am 31 Mai 2024].
[3] Gigahertz-Optik, „VL-3702; Messkopf zur Messung der photopischen Beleuchtungsstärke in Lux,“ GigahertzOptik, 2024. [Zugriff am 31 Mai 2024].
[4] Gigahertz-Optik, „PFL-200; Schneller Flicker Verstärker für Photodioden-Detektoren mit BNC-Anschluss,“ Gigahertz-Optik, 2024. [Zugriff am 31 Mai 2024].
[5] DIN EN 61547 VDE 0875-15-2 Beiblatt 1:2021-03; EMV-Störfestigkeitsanforderungen; Beiblatt 1: Objektives Flickermeter und Störfestigkeitsprüfverfahren gegen Spannungsschwankungen, VDE Verlag, 2021.
[6] DIN IEC/TR 63158:2019-06; Einrichtungen für allgemeine Beleuchtungszwecke - Objektives Prüfverfahren der stroboskopischen Effekte von Beleuchtungseinrichtungen (IEC TR 63158:2018 + COR1:2018), DIN Media, 2019.
[7] E. Union, „VERORDNUNG (EU) 2021/341 DER KOMMISSION zur Änderung der Verordnungen (EU) 2019/424, (EU) 2019/1781, (EU) 2019/2019, (EU) 2019/2020,,“ 23 Februar 2021. [Zugriff am 30 Mai 2024].
[8] E. Union, „VERORDNUNG (EU) 2019/2020 DER KOMMISSION zur Festlegung von Ökodesign-Anforderungen an Lichtquellen und separate Betriebsgeräte gemäß,“ 1 Oktober 2019. [Zugriff am 30 Mai 2024].
[10] A. Mahlkow und I. Rothert, „Vom Flicker zum Wohlfühllicht; Analyse von Lichtartefakten,“ bulletin.ch, 4
November 2020.[Zugriff am 31 Mai 2024]
Auf einen Blick
- Bewertung von Flimmern
- Short Term Light Modulation PstLM
- Vergleich von spektralen Messsignalen mit unterschiedlichen SVM-Werten