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6.1 Theorie der idealen Ulbrichtkugel

Die theoretische Grundidee einer Ulbrichtkugel sieht eine Konstruktion vor, mit der das wesentliche Wirkungsprinzip der Kugel beschrieben wird. Dabei sind zwei Eigenschaften ausschlaggebend:

  • Eingangs- und Ausgangsöffnung der Kugel sind unendlich klein.
  • Alle in der Kugel platzierten Objekte, seien es Lichtquellen oder Blenden, sind ebenfalls unendlich klein und ihr Einfluss auf optische Strahlung nach der ersten Reflexion an der Kugelinnenfläche kann außer Acht gelassen werden.

In Anbetracht der nachfolgenden Überlegungen beschreiben Faktoren die Reihenfolge der Reflexion: E0 beschreibt die Bestrahlungsstärke, direkt verursacht durch die Lichtquelle, wogegen E1, E2, … die Bestrahlungsstärke verursacht durch eine Lichtquelle nach der ersten, zweiten, … Reflexion bezeichnen. Die gesamte Bestrahlungsstärke wird aus der unendlichen Summe errechnet: 

Egesamt = E0 + E1 + E2 + …

Der Einfachheit halber wird der Index „e”, der radiometrische Größen bezeichnet, weggelassen. Der Reflexionsgrad ρ der Kugelbeschichtung ist (im Idealfall) von der Wellenlänge unabhängig, sodass die abgeleiteten Gleichungen auch für photometrische Größen verwendet werden können. Hierfür wird der Index „v” benutzt.


Abb. 1: Geometrie einer idealen Ulbrichtkugel mit Radius R

Abb. 1: Geometrie einer idealen Ulbrichtkugel mit Radius R


Betrachtet wird eine ideale Ulbrichtkugel mit dem Radius R, die einen gleichmäßig im Hohlraum verteilten Lambertschen Reflektor mit unendlich kleinen Eingangs- und Ausgangsöffnungen aufweist. Eine inhomogene Strahlquelle erzeugt direkte Bestrahlungsstärke E0 (man spricht von „direkter Bestrahlungsstärke”, da E0 direkt von der Quelle ohne jegliche Reflexionen verursacht wird), welche wiederum von dem betreffenden Ort an der Innenoberfläche der Kugel (Abb. 1) abhängig ist. Zunächst gilt es, die Bestrahlungsstärke E1 der Innenoberfläche, verursacht durch die Strahldichte L1 nach der ersten Reflexion, zu berechnen. Aufgrund der Lambertschen Reflexion in Bezug auf das Kugelinnenmaterial, wird die von einem gewissen Flächenelement dA reflektierte Strahlung mittels einer konstanten Richtungsverteilung L der Strahldichte beschrieben. Wie in "Beispiel 3: Die Lambertsche Oberfläche" beschrieben, steht die Ausstrahlung M1 des Flächenelements im Verhältnis zur reflektierten Strahldichte L1, was mit

M1 = L1 π

ausgedrückt wird. Weiterhin steht sie im Verhältnis zur direkten Bestrahlungsstärke des Elements E0, was durch

M1 = ρ E0

gegeben ist, wobei ρ der gesamte Reflexionsgrad der Innenoberfläche der Kugel darstellt.

Daraus folgt

L =  ρ E0
π

L ist zwar nicht richtungsabhängig in Bezug auf das Flächenelement dA, jedoch aber vom betreffenden Ort im Inneren der Kugel, was im Zusammenhang mit der allgemein irregulären Direktbeleuchtung durch die Lichtquelle steht.

Zur Ermittlung des Strahlungsflusses, der von einem Flächenelement dA emittiert wird und auf ein anderes Flächenelement dA' auftrifft, gilt es den Raumwinkel dA', wie bei dA (Abb. 1), zu berechnen. dA' ist um einen Winkel ε geneigt in Relation zur Sichtlinie zwischen zwei Flächenelementen. Dabei wird der Raumwinkel dΩ' dem Element dA' zugewiesen, wie bei dA zu sehen ist:

dΩ' =  cos(ε) dA'
d2

d ist hierbei die Entfernung zwischen dA und dA'.

Wie Gleichung 2 im Kapitel Grundlegende radiometrische Größen zeigt, wird der Strahlungsfluss von dA in den Raumwinkel dΩ' emittiert und trifft somit auf dA' auf:

L cos(ε) dA dΩ' = L dA ·  cos2(ε) · dA'
d2

Eine Division dieses Ausdrucks resultiert in der (infinitesimalen) Bestrahlungsstärke dE1 der Kugel-Innenoberfläche am Ort von dA'. Dies geschieht durch eine einzige direkte Strahlenreflexion der Quelle am Flächenelement dA:

dE1 = L ·  cos2(ε)  · dA =  E0 ρ  ·  1  · dA
d2 π 4 R2

Hinzu kommt d = 2 R cos(ε), was Abb. 1 entnommen werden kann.

Zur Bestimmung der Bestrahlungsstärke E1 am Ort von dA', die durch eine einzige Strahlenreflexion der Quelle an der gesamten Innenoberfläche der Kugel erzeugt wird, gilt es, den zuvor gezeigten Ausdruck für dE1 über die gesamte Innenoberfläche zu integrieren:

E1 =    E0 ρ  ·  1  dA = 
ρ   ∫ E0 dA = ρ Φ0
Innenoberfläche π  4 R2 4 π R2  Innenoberfläche 4 π R2

Φ0 stellt den gesamten Strahlungsfluss dar, der von der Quelle emittiert wird und auf die Innenoberfläche der Kugel auftrifft.

Hierbei gilt zu beachten, dass die Bestrahlungsstärke der Innenoberfläche nach der ersten Reflexion unabhängig vom betreffenden Ort der Kugel ist; dies gilt sogar trotz der inhomogenen direkten Bestrahlungsstärke, die durch Direktbeleuchtung, ausgehend von der Quelle, erzeugt wird. 

Die Bestimmung der Bestrahlungsstärke E2 nach zwei – auf die gleiche Weise erfolgten – Reflexionen der Strahlung, erfolgt mit:

E2 =    E1 ρ  ·  1  dA = 
ρ   ∫ E1 dA = ρ E1 · 4 π R2 = ρ E1 = ρ2 Φ0
Innenoberfläche π  4 R2 4 π R2  Innenoberfläche 4 π R2 4 π R2

Allgemein wird festgehalten, dass die Bestrahlungsstärke der Kugel-Innenoberfläche, verursacht durch die Strahlung der Quelle nach k Reflexionen, mit der Gleichung

Ek =  ρk Φ0
4 π R2

festgehalten wird. Die gesamte Bestrahlungsstärke ist folglich gegeben mit

Egesamt = E0 + E1 + E2 + … = E0 +  ρk Φ0  = E0 +  Φ0 ∑ ρk = E0 + Φ0  ·  ρ
k=0 4 π R2  AKugel  k=0 AKugel 1 - ρ

Hierbei steht E0 in Abhängigkeit vom betreffenden Ort an der Innenoberfläche. Daraus resultiert, dass Egesamt nicht vom vorliegenden Ort der Innenoberfläche abhängig ist. Dies gilt, solange an diesem Ort E0 = 0 ist. D. h, Direktstrahlung von der Quelle wird an diesem Ort durch Hinzuziehen von Blenden verhindert. Ist dies der Fall, ist die gesamte Bestrahlungsstärke proportional zum gesamten Strahlungsfluss Φ0, der von der Quelle ausgestrahlt wird und direkt die Innenoberfläche erreicht:

Egesamt =  Φ0  ·  ρ  =  Φ0  · K
AKugel 1 - ρ  AKugel

Da die Konstante K die Erhöhung der Bestrahlungsstärke in Relation zur Durchschnittsbestrahlungsstärke einer nicht reflektierenden Kugel ist, wird sie als „Multiplikator der Kugel” angesehen  und ist, in einer idealen Kugel, nur vom Reflexionsgrad ρ der Materialbeschichtung abhängig.