7.2 Pflanzenphysiologie
Die Pflanzenphysiologie beschäftigt sich mit der Untersuchung und Beschreibung der Wechselwirkung von optischer Strahlung mit Pflanzen, Samen und Erde ein entscheidender Faktor für unsere Existenz. Zur Untersuchung und Kontrolle biochemischer Faktoren bedarf es einer präzisen und kontrollierbaren Messtechnologie.
Durch die Absorption von optischer Strahlung im Wellenlängenbereich zwischen 300 nm und 930 nm werden in Pflanzen photochemische Reaktionen ausgelöst, die für das Pflanzenwachstum entscheidend sind. Dabei bilden Photosynthese, Phototropismus und Photomorphogenese die drei wichtigsten Pflanzenreaktionen gegenüber optischer Strahlung.
Informationen finden Sie auch im technischen Artikel zu PAR:
Photosynthese
Die Photosynthese stellt eine der wichtigsten biochemischen Reaktionen unseres Planeten dar. Hierbei absorbieren grüne Pflanzen Kohlendioxid aus der Atmosphäre und Wasser aus der Erde und stellen durch eine Kombination dieser Stoffe mit Hilfe von Strahlenenergie Zucker her. Dabei wird Sauerstoff und Wasser in die Atmosphäre abgegeben. Dieser Vorgang kann durch die nachfolgende Angleichungsformel beschrieben werden:
Photosynthese findet mittels der grünen Farbe in den Pflanzenblättern statt. Darin enthalten ist Chlorophyll, welches photosynthetisch aktive Strahlung absorbiert. Die Aufnahme von Sonnenlichtquanten in die Chlorophyllmoleküle versetzt die Elektronen in einen höheren Energiezustand.
Im Bereich der Pflanzenphysiologie bezieht sich der Ausdruck „Photosynthetisch aktive Strahlung” bzw. „Photosynthetically Active Radiation" (PAR) auf Strahlung mit Wellenlängen zwischen 400 nm und 720 nm. Dies ist jene Energie, die von den Pigmenten in blaugrünen sowie grünen Algen und in höheren Pflanzen absorbiert wird. Die Wellenlängen für den niedrigeren (400 nm) und den höheren Grenzbereich (720 nm) sind dabei nicht ausschließlich festgesetzt. Bereits bei Wellenlängen von unter 400 nm können bei manchen Algenarten photosynthetische Reaktionen stattfinden. Blattstruktur und -stärke sowie Chlorophyllgehalt bestimmen den unteren Grenzbereich. Einige Untersuchungen kommen zum Ergebnis von 700 nm als obere Wellenlängengrenze.
Die untere Grafik stellt die spektrale Ansprechfunktion für Photosynthese gemäß DIN 5031, Teil 10 (zurzeit als Normentwurf) dar. In der Pflanzenphysiologie ist eine Einteilung in noch schmälere Bandbreiten möglich:
- 400 nm bis 510 nm: Starke Lichtaufnahme durch Chlorophyll, hoher morphogenetischer Effekt
- 510 nm bis 610 nm: Schwache Lichtaufnahme durch Chlorophyll, kein morphogenetischer Effekt
- 610 nm bis 720 nm: Starke Lichtaufnahme durch Chlorophyll, hoher morphogenetischer und ontogenetischer Effekt
Diese Ansprechfunktion kann als mittlere spektrale Ansprechfunktion dienen. Zahlreiche Untersuchungen haben ergeben, dass sich die spektralen Absorptionsspektren unterschiedlicher Pflanzenarten deutlich unterscheiden können. Solche Unterschiede können sogar in einer einzigen Pflanze, aufgrund von Unterschieden in Bezug auf Alter, Stärke oder Chlorophyllgehalt der Blätter, evident sein. Bei der Bestimmung der spektralen Ansprechfunktion für Photosynthese wird die gegenseitige Beschattung der Zellen nicht mit einbezogen, da die Untersuchungen mit einem jungen und dünnen Blatt oder einer dünnschichtigen Algensuspension erfolgt.
Die spektrale Verteilung der Ansprechfunktion für Photosynthese vermittelt zunächst den Eindruck, dass sichtbare Strahlung im grünen Bereich um 550 nm nur wenig zur Photosynthese beiträgt und somit nicht ausschlaggebend ist. Untersuchungen haben jedoch das Gegenteil bewiesen. Diese grüne Strahlung liefert die höchste Produktivität und Wirksamkeit innerhalb dicht besiedelter Pflanzenflächen oder in dickschichtigen Suspensionen von Mikroorganismen. Diese Entdeckung bildet eine Grundlage für Untersuchungen der Pflanzenerträge in den unteren Schichten in Waldflächen, in Gewächshäusern oder in tiefen Gewässern (z. B. Meerespflanzen).
Klassische Untersuchungen in der Pflanzenphysiologie haben gezeigt, dass photosynthetisierende Bakterien spezielle Pigmente mit starken Absorptionsbandbreiten bei 750 nm (Chlorobium- Chlorophyll in grünen Chlorobakterien) oder bei 800 nm, 850 nm, 870 nm und 890 nm aufweisen. Im Gegensatz zu blaugrünen und grünen Algen sowie höheren Pflanzen, erstreckt sich das Absorptionsspektrum von photosynthetisierenden Bakterien bei ungefähr 300 nm auch auf den UV-Bereich.
Abb. 1: Phototropismus (blau) und Photosynthese (grün)
Auswirkungen ultravioletter Strahlung
Seit über 10 Jahren wird in der Öffentlichkeit über die Abnahme der Ozonschicht diskutiert. Sie stellt in der Pflanzenphysiologie eine wahre Herausforderung dar. Beispielsweise hat sich über Europa seit 1978 eine 3 – 6 %ige Abnahme des gesamten Ozons pro Jahrzehnt eingestellt. Dies entspricht dem circa 7 %igen Anstieg der UV-B-Strahlung in den Hochalpen bei klarem Himmel. Im März 1993 stellte man einen Ozonrückgang von 15 % fest. All dies hat einen allgemein erwarteten Anstieg von UV-B-Strahlung zur Folge. UV-B-Strahlung dringt in Gewebe ein verursacht molekulare Veränderungen von DNA, Proteinen, Lipiden und Pflanzenhormonen. Bei hoher UV-Strahlung bilden sich Sauerstoffradikale, die Oxidation von Proteinen und Lipiden verursachen. Folglich sind Wachstum, Photosynthese, Produktivität und Ertrag beeinträchtigt. Bei Feldversuchen wurde gezeigt, dass ein Ozonrückgang von 25 % mit einem Rückgang der Photosynthese in der UV-empfindlichen Essex-Sojabohne, im Gegensatz zur unempfindlichen Williams-Bohne, einhergeht. Dies hat einen Ertragsrückgang von bis zu 25 % zur Folge. Diese UV-B-Strahlenwirkung (280 nm – 313,3 nm) ist weltweit als „allgemeine Pflanzenschädigung” („generalized plant damage”) bekannt und wird mit der UV-B-Ansprechfunktion nach Caldwell bewertet. Mit Hilfe dieser können Faktoren wie Schadensgrad, lineares Wachstum oder Zellteilungsrate mit einbezogen werden. Im Bereich der Pflanzenphysiologie und bei der Feldbestellung ist es folglich notwendig, nicht nur die positiven photosynthetischen Wirkungsweisen von optischer Strahlung zu betrachten, sondern auch die negativen, die überwiegend auf UV-Strahlung zurückzuführen sind. Nur so können Aktivitäts- und Abwehrmechanismen von Pflanzen verstanden und manipuliert werden.
Phototropismus
Phototropismus beschreibt die Wirkung optischer Strahlung auf die Richtungsentwicklung während des Pflanzenwachstums. Maximale Wirkung ist im blauen Bereich zwischen 380 nm und 520 nm (siehe Abb. 1) evident. Strahlung kann auch der Auslöser für die Bewegung von Pflanzenteilen sein.
Photomorphogenese
Photomorphogenese beschreibt die Entwicklung einer Pflanze unter Einfluss von optischer Strahlung. Unter Strahlung im roten Bereich des Spektrums wächst sie linear, während blaue Strahlung für die Bildung kleiner und starker Pflanzen verantwortlich ist. Im Detail bedeutet dies, dass das Verhältnis der Strahlungsstärken im Wellenlängenbereich von 690 nm bis 780 nm (lange rote Wellenlänge) bis 560 nm bis 680 nm (kurze rote Wellenlänge) für die Pflanzenentwicklung von hohem Gewicht ist.
Messziel und -methoden
Die der Pflanzenphysiologie zu Grunde liegenden photochemischen Vorgänge werden als Quantenvorgänge verstanden. Entsprechende Messtechniken sollten diesen Aspekt mit einbeziehen. Unter die wichtigsten Messungen in der Pflanzenphysiologie reihen sich:
- Wirkungsanalyse von Energieumwandlung bei der Photosynthese
- Bestimmung der Photosyntheserate (Ertragsfaktor) bei Bestrahlung durch Strahlquellen mit verschiedenen Emissionsspektren
- Vergleich von Photosyntheserate unterschiedlicher Pflanzentypen, gewachsen unter unterschiedlichen Strahlbedingungen
- Bestimmung von pflanzlichen Abwehr- und Belastungsmechanismen in Bezug auf UVStrahlung und hoher Wärmestrahlung (Infrarot- Strahlung)
Es gibt vielfältige Wege, um die Wirkung von Strahlung bei verschiedenen Wellenlängen auf die Wachstumsvorgänge von Pflanzen zu beschreiben. Die Photosyntheserate wird dabei durch das Größenverhältnis assimilierter CO2-Moleküle zu einer passenden Strahleneingangsgröße bestimmt. Zu diesen Größen zählen:
- Die Bestrahlungsstärke gemessen in W/m2, d. h., der Strahlungsfluss pro Oberflächeneinheit des bestrahlten Objekts
- Oder die photosynthetische Photonenbestrahlungsstärke Ep,sy. Diese Größe wird häufig auch als Quantenstromdichte bezeichnet.
Photosynthetische Photonenbestrahlungsstärke Ep,sy
Je nach Forschungseinrichtung werden unterschiedliche Strahlverhältnisse zur Bestimmung der Photosyntheserate und des photosynthetischen Potentials verschiedener Pflanzen- oder Algenarten erzeugt. Daher können die unter sehr unterschiedlichen Verhältnissen gewonnenen Ergebnisse zu falschen Schlussfolgerungen führen. Bei den Messungen werden Detektorköpfe mit ungleichmäßigen rechteckigen (radiometrischen) Eigenschaften verwendet und miteinander ins Verhältnis gesetzt. Es kann zu falschen Schlussfolgerungen kommen, da die unterschiedlichen Spektren der verwendeten Strahlquellen bei der Messwertaufnahme ignoriert werden. Um dem entgegenzuwirken, wird ein Sensor mit geeigneter spektraler Ansprechfunktion zur Bestimmung der Bestrahlungsstärke herangezogen. Heutzutage wird angenommen, dass die Anzahl der absorbierten Lichtquanten für das Pflanzenwachstum verantwortlich ist. Dies legt nahe, dass die in der Pflanzenbiologie wirksamen Quantengrößen gemessen werden müssen. Die wichtigste Größe ist dabei die photosynthetische Photonenbestrahlungsstärke Ep,sy.
Die photosynthetische Photonenbestrahlungsstärke Ep,sy wird folgendermaßen definiert:
Ep,sy = ∫ Ep,λ (λ) dλ = 1 · ∫ Eλ (λ) λ dλ hc
wobei:
Ep,sy(λ) der spektralen Bestrahlungsstärke der Lichtquelle,λ der Wellenlänge der Strahlung Ep,sy(λ) der spektralen Photonenbestrahlungsstärke, also Anzahl der Photonen pro Sekunde, pro Oberflächeneinheit und Wellenlänge, sowie h dem Planck’schen Wirkungsquantum und c der Lichtgeschwindigkeit entspricht.
Die Einheit der photosynthetischen Photonenbestrahlungsstärke, Ep,sy, wird durch
[ Ep,sy ] = 1 E s-1 m-2 = 1 Mol s-1 m-2
ermittelt. Dabei ist 1 E = 1 Mol = 6,02 · 1023 Photonen (die gebräuchlichste Einheit ist μMol s-1 m-2).
Es gilt Integrationsgrenzen gemäß der Gleichung festzulegen. Sollen beispielsweise die photosynthetische Photonenbestrahlungsstärke in den Bereichen von 400 nm bis 700 nm, 320 nm bis 500 nm sowie 590 nm bis 900 nm gemessen werden, wird die Integration im dazugehörigen spektralen Bereich durchgeführt.
Diese numerische Integration kann implizit mittels eines integralen Messkopfes erfolgen. Dabei muss ein solcher Messkopf folgende zwei Bedingungen erfüllen:
- Die einfallende Strahlung wird in Übereinstimmung zum Kosinus des Einfallswinkels bestimmt, d. h., mit einem Kosinus getreuen Diffusor.
- Die spektrale Empfindlichkeit des Messkopfes muss an die Funktion l/lr angepasst werden. lr entspricht dabei der Referenzwellenlänge. Der obere Wellenlängengrenzbereich, also 700 nm, 500 nm und 900 nm, wird stets in Bezug auf die Bereiche von 400 nm – 700 nm, 320 nm – 500 nm und 590 nm – 900 nm verwendet.
Außerhalb der empfindlichen spektralen Zone muss die spektrale Empfindlichkeit des Sensors auf null eingestellt sein.
Siehe passende Produkte wie:
sowie: